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'Politikverflechtung im kooperativen Föderalismus'
 
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Politikverflechtung im kooperativen Föderalismus

Seit einiger Zeit wurde es in der Literatur üblich, den deutschen Bundesstaat mit den Begriffen "kooperativer Föderalismus [1] " und "Politikverflechtung [2] " zu kennzeichnen. Gemeint ist mit diesem Begriff die Verpflichtung zur Koordination und Kooperation zwischen Bund und Ländern einerseits, zwischen den Ländern andererseits. Der zweite Begriff umschreibt die Verflechtung oder die wechselseitige Durchdringung der verschiedenen Politikbereiche im Bund und in den Ländern. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich zwischen den Gliedstaaten und dem Bund eine solche Fülle von Aufgabenverflechtungen ergeben, dass eine klare Trennung der Befugnisse kaum noch möglich ist.

Abbildung 7:

Zum Thema Föderalismus in Deutschland erschien als Heft 275 im Jahre 2002 ein Sonderheft der Informationen zur politischen Bildung, das sich u. a. der Frage der Politikverflechtung im kooperativen Föderalismus widmet.

 

 

 

 


Internet-Quelle [3]

Die Notwendigkeit zunehmender Kooperation, die daraus resultierenden erforderlichen Anstrengungen der Koordination, die Umsetzung von mehrere staatsrechtliche Ebenen umgreifenden Entscheidungen führten zur Einrichtung zahlreicher informeller und formeller Gremien. Diese Gremien werden entweder von allen Ländern gebildet oder von Bund und Ländern gemeinsam. So gibt es regelmäßige Treffen der Länderministerpräsidenten untereinander, aber auch mit dem Bundeskanzler. Die jeweiligen Fachminister besprechen sich ebenfalls häufig. Daneben pflegen die Leiter der Staatskanzleien sowie die obersten Beamten der einzelnen Bundes- und Länderministerien ständige Kontakte untereinander. Alle diese Kontakte, zu denen noch die institutionelle Verflechtung in Form von Bund-Länder-Kommissionen kommt, dienen zur Vorbereitung von Entscheidungen oder zur (inoffiziellen) Absprache über gemeinsam interessierende Fragen. In dieser komplexen Beziehungsstruktur zwischen den Exekutiven und den obersten Verwaltungsbehörden hat sich ein System von Absprachemodalitäten entwickelt, dessen Effizienz durchaus respektiert wird, das aber die ursprüngliche Aufgabenverteilung zwischen dem Bund und den Ländern unterläuft und damit auch die Kompetenz der Länderparlamente schwächt.

Abbildung 8:

Verteilung des Steueraufkommens auf Bund, Länder und Gemeinden im Zeitraum 1991 bis 2001

 

 

 

Internet-Quelle [4]

Der "kooperative Föderalismus" wird besonders bei der Verteilung des Steueraufkommens zwischen dem Bund und den Ländern bzw. auf dem Feld des Finanzausgleichs sichtbar. Die ertragreichsten Steuern werden gemäß Artikel 106, Absatz 3 GG zwischen dem Bund und den Ländern aufgeteilt: So erhalten der Bund und die Länder je 42,5 Prozent des Aufkommens der Einkommen- und Körperschaftsteuer, nachdem vorher ein Anteil von 15 Prozent für die Gemeinden abgezogen wurde.

Die Mehrwertsteuer (oder die Umsatzsteuer) wird durch ein Gesetz, dem der Bundesrat zustimmen muss, auf Bund und Länder verteilt. Gegenwärtig beträgt der Verteilungsschlüssel für diese Steuer 52% für den Bund und 45,9% für die Länder sowie 2,1% für die Gemeinden. Stehen Neuverhandlungen über diesen Verteilungsschlüssel an, was in der Regel alle fünf Jahre der Fall ist, werden diese zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern geführt.

Abbildung 9:

Länderfinanzausgleich in Deutschland, Zahler und Empfänger im Jahre 2000

 

 

 

 

Internet-Quelle [5]

Daneben existiert ein System des Finanzausgleichs zum einen zwischen "reichen" und "armen" Ländern und zum anderen zwischen dem Bund und finanzschwachen Ländern. Im ersten Fall, dem sogenannten horizontalen Finanzausgleich, sind die wenigen "reichen" Bundesländer verfassungsmäßig verpflichtet, die "armen" zu unterstützen. Damit soll sichergestellt werden, dass es keine krassen Einnahmedifferenzen zwischen den Bundesländern gibt, welche die Leistungsfähigkeit der finanzschwachen gegenüber den einnahmestarken Ländern zu sehr schwächt. Im Jahre 2000 betrug dieser Finanzausgleich unter den Ländern über 8,4 Milliarden Euro. Der Bund kann darüber hinaus durch sogenannte Ergänzungszuweisungen und Finanzhilfen strukturschwache Länder unterstützen, um auf diese Weise "zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums" beitragen (Artikel 104 a, Absatz 4 und Artikel 107, Absatz 2 GG). In beiden Fällen bedarf es für die gesetzliche Regelung dieser Hilfen der Zustimmung des Bundesrates.