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'Großstadt und "Zoning"'
 
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Großstadt und "Zoning"

Die Diskussion über das Schicksal des Pariser Zentrums ist in den zwanziger Jahren vom "Plan Voisin [1] " bestimmt, den Le Corbusier [2]  1925 auf der Exposition des Arts décoratifs vorgestellt hat und der von der Presse ausführlich kommentiert wurde. Der junge Le Corbusier [3]  hatte die Strategien der modernen Stadtgestaltung in der Ausstellung von Werner Hegemann in Düsseldorf entdeckt. Die Überlegungen zur strukturellen Erneuerung Berlins erwecken sein Interesse für die amerikanischen Lösungsvorschläge, die in Deutschland in Mode sind. Am bedeutendsten erscheinen ihm die Vorschläge von Karl Scheffler, der 1913 in "Die Architektur der Großstadt" die Züge einer "logisch organisierten" und folglich in funktionsgebundene Viertel unterteilten Metropole skizziert, sowie die Vorschläge von Peter Behrens, bei dem Le Corbusier arbeitet und der sich für den Bau von Wolkenkratzern im Berliner Zentrum einsetzt. (35)

Abbildung 14:

Der Plan Voisin von Le Corbusier
sah eine moderne, für die damalige Zeit futuristische Umgestaltung des Pariser Stadtzentrums vor.

 

 

Internet-Quelle [4]

Nach dem ersten Weltkrieg geht Le Corbusier zu den Bauten seines ehemaligen Mentors auf Distanz. Sie seien "geschaffen um zu nötigen, zu erdrücken, die Allmacht herauszuschreien." Aber obwohl er den Monumentalismus als "eine der aktivsten Waffen des Pangermanismus" (36) kritisiert, beschäftigt er sich trotzdem weiter mit Gedankengut und Modellen aus Deutschland. Diese Auseinandersetzung führt ihn 1922 zum Modell der "zeitgenössischen Stadt [5] ", die obwohl auf unbebautem Gelände errichtet schon alle Einrichtungen des Plan Voisin in sich birgt. Durch einen angeregten Austausch mit Werner Hegemann, der die Ideen von Le Corbusier ablehnt, entspinnt sich ein Dialog mit Berlin. Der radikale Architekt Ludwig Hilberseimer [6]  konzipiert in Reaktion auf diesen Entwurf eine Hochhausstadt, die nun ausdrücklich in einer schon bestehenden Stadt errichtet werden soll, denn die furchterregende Geometrie ihrer in der Tiefe liegenden Straßen und ihrer Büroetagen stimmen mit dem Grundriß von Berlin überein. (37)

Abbildung 15:

Modell der zeitgenössischen Stadt von Le Corbusier (1922)

 

 


Internet-Quelle [7]

Durch diesen Entwurf in gewisser Weise befreit von eventuellen Hemmungen, die er bezüglich der Umsetzung seiner Ideen in Paris hätte haben können, schlägt Le Corbusier eine völlige Umgestaltung der Hauptstadtstruktur vor, nämlich die Umwandlung der Innenstadt in ein Geschäftszentrum. Da sich in Paris immer mehr Bank und Finanzdienstleistungen in spezialisierten Gebieten ansiedeln, vollzieht er mit seinem Entwurf ohne Zweifel eine sich schon deutlich abzeichnende Entwicklung nach. Diese in einigen post-haussmannschen Straßenzügen wie der Rue Réaumur sichtbare Tendenz hatte aber noch keine typischen städtebaulichen Formen hervorgebracht. Noch weniger existierten Vorschriften für eine differenzierte Nutzung der Flächen, deren Einführung der Plan Voisin entschieden befürwortet. Obwohl dieser Entwurf kurzfristig keine Auswirkung auf die Gestaltung von Paris hatte, übte er dennoch bis in die sechziger Jahre einen großen Einfluß auf die Überlegungen der Entscheidungsträger, der Stadtplaner und bis zu einem gewissen Grad sogar der Öffentlichkeit aus.

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Anmerkungen

(35) Karl Scheffler, Die Architektur der Großstadt, Berlin, Bruno Cassirer, 1913; Peter Behrens, "Antwort auf eine Nachforschung der Berliner Morgenpost", 27. November 1912. Zu diesem Punkt siehe auch: Francesco Passanti, "Des gratte ciel pour la ville contemporaine" in L'Esprit Nouveau, Le Corbusier et l'industrie 1920 1925, Strasbourg, Musées de la Ville, 1987, S. 54 64.

(36) Le Corbusier Saugnier, "Curiosité? Non: anomalie!", L'Esprit nouveau, 9, Juni 1921, S. 1016 1017.

(37) Siehe zu diesem Entwurf: Richard Pommer, "More a Necropolis than a Metropolis, Ludwig Hilberseimer's Highrise City and Modern City Planning", in Richard Pommer (Hrsg.), In the shadow of Mies : Ludwig Hilberseimer, Architect, Educator, and Urban Planner, Chicago, The Art Institute of Chicago, New York, Rizzoli, 1988, S. 16 53.