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'Erstarrte Strukturen des monarchischen Absolutismus '
 
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Erstarrte Strukturen des monarchischen Absolutismus

In linearer Folgerichtigkeit vollzog sich die große Umwälzung in den drei Phasen, die durch die Jahre 1789 bis 1792, 1792 bis 1794 und 1794 bis 1799 sehr akzentuiert voneinander abgegrenzt werden, wobei sie wie die kunstgerechte Durchführung einer klassischen Tragödie wirkt. Alle Elemente der seitdem verflossenen Geschichte waren in ihr schon enthalten: der bürgerliche Freiheitsbegriff des Liberalismus in der Revolution von 1789, die radikaldemokratische Gleichheitsdoktrin mit sozialistischen und gelegentlich schon kommunistischen Ansätzen in der jakobinischen, schließlich in der Diktatur Robespierres gipfelnden Revolution von 1793, sowie die beginnende Saturierung der abklingenden Revolution in den Jahren des Direktoriums. In der Kürze, die hier geboten ist, fassen wir den äußeren Ablauf der Französischen Revolution in ihrer Vorgeschichte und ihren drei Phasen in gedrängtem Überblick ins Auge.

Die Einberufung der Reichsstände (Etats-Généraux) im Jahre 1789

Quelle: revolution.1789.free.fr/page-2.htm

Das erstarkende Königtum des beginnenden Absolutismus suchte sich von den Reichsständen, den Etats-Généraux [1] , die einst die treuesten Verbündeten der Monarchie in deren Kampf gegen den Adel gewesen waren und zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen Höhepunkt ihres Einflusses erreicht hatten, seit der Wiederherstellung der königlichen Autorität anfangs des 17. Jahrhunderts zunehmend zu emanzipieren; die Generalstände waren immer seltener einberufen worden und seit dem Jahre 1614 dann überhaupt nicht mehr. Während die Reichsstände praktisch völlig lahmgelegt waren, fungierten allerdings nach wie vor die Parlamente, deren Zuständigkeit sich ja auf alle aus Gesetzgebung und Steuererhebung erwachsenden Streitigkeiten erstreckte und die insofern eine große Macht besaßen, als Gesetze und Dekrete nur dann rechtskräftig werden konnten, wenn sie bei den Parlamenten registriert waren.

Die königliche Verwaltungsstruktur (L'administration royale) am Vorabend der Revolution 1789

Quelle: revolution.1789.free.fr/page-1.htm

Allerdings konnte der König - wie schon angedeutet - dieses Remonstranzrecht der Parlamente, deren Mitglieder unabsetzbar waren, durch königliche Thronsitzungen, sogenannte "lits de justice", gegebenenfalls brechen; jedoch demonstrierten die Parlamente - die einzige Institution im Frankreich des Ancien Régime, die dem Monarchen gegenüber noch Rechtsbefugnisse hatte - unter der Regierung Ludwigs XV [2] . ihre Stärke dauernd so nachdrücklich, dass das 18. Jahrhundert von einem ständigen Machtkampf zwischen Königtum und Parlamenten erfüllt war. Dabei erlangten die Parlamente beim Volk größte Popularität, obwohl sie in Wirklichkeit mehr für die Aufrechterhaltung aristokratischer Privilegien kämpften, die sie durch die Aplanierungspolitik des königlichen Absolutismus in allen politischen und sozialen Lebensbereichen bedroht wähnten, als etwa für die Interessen des Dritten Standes. Denn die Parlamente wussten sich als die Vorkämpfer gegen die Übergriffe eines königlichen "Despotismus" aufzuspielen, der infolge der wenig achtunggebietenden Persönlichkeit Ludwigs XV., der zahlreichen außenpolitischen Misserfolge der verfehlten Kriegspolitik dieses Monarchen, der Rechtsunsicherheit auf Grund der "lettres de cachet", die zur willkürlichen Einweisung missliebiger Persönlichkeiten in die Bastille führen konnten, der Ämterkäuflichkeit, der einseitigen Privilegien zugunsten des Ersten und Zweiten, aber zu Lasten des Dritten Standes, der daraus resultierenden Misswirtschaft und nicht zuletzt infolge der stetig anwachsenden gewaltigen Staatsschuld im französischen Volke immer verhasster und von den Schriftstellern der Aufklärung heftig gegeißelt wurde.

Das französische Staatsbudget im Jahre 1774

Quelle: revolution.1789.free.fr/page-1.htm

Dieser Kampf zwischen dem Königtum und den Parlamenten endete schließlich mit dem Siege der Monarchie, als es - anlässlich eines schweren Konfliktes mit dem Parlament von Paris, dem höchsten Gerichtshof - 1771 dem Minister Maupeau gelang, die Parlamente aufzuheben und durch Gerichtshöfe zu ersetzen, die vom Königtum abhängig waren.

Jedoch lebten die Parlamente nach dem Tode Ludwigs XV. im Jahre 1774 wieder auf, als mit Ludwig XVI. [3] (1774-1792), dem Enkel seines Vorgängers auf dem Thron, ein wohlmeinender, allerdings auch willensschwacher Monarch die Missstände des französischen Königreichs durch ein großangelegtes Reformwerk zu heilen gedachte. Unterstützt durch den genialen Minister Turgot [4] (1774-76), beabsichtigte Ludwig XVI. damals, die Politik eines aufgeklärten Absolutismus, der in anderen Ländern des Kontinents, vor allem im Preußen Friedrich des Großen, schon so gute Früchte gezeitigt hatte, auch in Frankreich als eine Revolution von oben nachzuholen, ehe eine Revolution von unten ein "zu spät" diktieren könne.