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'Diversifizierte Industrie'
 
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Diversifizierte Industrie

Auch wenn der Anteil der Industrie in Bezug auf die Beschäftigten und die Wertschöpfung [1] in Rhône-Alpes in jüngster Zeit stagniert, ist sie in der Region mit einem Anteil von 21,8 % aller Arbeitsplätze (ohne Baugewerbe) immer noch überdurchschnittlich (Frankreich: 18 %) vertreten und stellt weiterhin den Motor der Gesamtwirtschaft dar, von dem wichtige Stimuli auch für den Tertiären Sektor ausgehen. Der Großraum Lyon ist mit seinem stark diversifizierten Produzierenden Gewerbe, gemessen an der Zahl der Arbeitsplätze, nach Paris der zweitwichtigste industrielle Standort Frankreichs.

Abbjildung 17:

Industrie und Energiewirtschaft in der Region Rhône-Alpes

 

 

 

 

 

 

Quelle: Michna verändert nach Fabriès-Verfaillie et al. 1993

Die Bedeutung des Produzierenden Gewerbes streut allerdings innerhalb der Region erheblich. Knapp ein Drittel der Gesamtzahl seiner Beschäftigten entfällt auf das Dept. Rhône, danach folgen Isère mit rund einem Fünftel (21 %) und Loire mit einem Sechstel (14 %). Dem Anteil der Beschäftigten nach folgen Haute-Savoie (11 %), Ain (8,5 %), Drôme (7 %), Savoie (4,5 %) und Ardèche (4,3 %). Von den acht Departements der Region besitzen Loire (33 %) und Ain (32,6 %) die höchsten Anteile von Industriebeschäftigten, im Dept. Savoie liegt ihr Anteil an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen am niedrigsten.

Innerhalb der Region nehmen die Grundstoff- und Produktionsgüterindustrien den ersten Platz ein. Eine besonders große Bedeutung besitzen darin die Chemische Industrie und die Mineralölverarbeitung, gefolgt von der Herstellung von Aluminium und Kernbrennstoffen. Die Produktion von Investitionsgütern (Fahrzeug- und Maschinenbau, Feinmechanik, Elektrotechnik und Elektronik) steht vor der Verbrauchsgüterherstellung (Textilien und Bekleidung, Kunststoffverarbeitung, Schuhe, Wintersportartikel) und der Nahrungsmittelindustrie in der Region auf dem zweiten Platz. In der Metallherstellung und -verarbeitung (Werkzeug- und Maschinenbau, Feinmechanik) belegt die Region in Frankreich den ersten Rang, ebenso gilt dies für die Herstellung und Verarbeitung von Kunstfasern und Kunststoffen.

Abbildung 18:

Die Raffinerie von Feyzin südlich von Lyon verarbeitet jährlich rd. fünf Millionen Tonnen Erdöl

 

Internet-Quelle

 

In der Raffinerie von Feyzin (südlich von Lyon), der fünftgrößten Raffinerie Frankreichs, werden jährlich rd. fünf Millionen Tonnen Erdöl verarbeitet. Von Feyzin leiten Pipelines petrochemische Produkte nach Pont-de-Claix (Isère) und Tavaux (Jura). Von der Raffinerie profitiert mittelbar die besonders im Rhônetal und um Grenoble stark vertretene und diversifizierte Chemische Industrie. 37.000 Mitarbeiter (13.200 davon allein im Raum Lyon) erwirtschaften ein Sechstel des gesamtfranzösischen Branchenumsatzes. Die Produktionspalette reicht von den Grundstoffen über Zwischenprodukte (z. B. Phenol) bis zu hochwertigen Endprodukten (z. B. Pharmaka). Mehr als die Hälfte der Beschäftigten arbeitet im Bereich der Chemischen Grundstoffindustrie. Daran - sowie an der Feinchemie - sind überwiegend internationale Großunternehmen wie Aventis, Rhodia, Atofina, Novartis, Merck, Bayer, BASF, Imperial Chemical Industries, Orgamol, Coatex, Scotts, Daikin und Dupont beteiligt. Daneben existiert aber auch eine Vielzahl von kleinen und mittelgroßen Firmen.

Eng mit der Chemischen Industrie verwoben ist die ebenfalls sehr diversifizierte pharmazeutische Industrie. Ihre starke Präsenz und Innovationsfreudigkeit beruht auf den renommierten Forschungs- und Bildungseinrichtungen in Medizin und Pharmazie sowie auf der umfangreichen Ausstattung mit spezialisierten Kliniken. Neben dem Life Science-Konzern Aventis [2] , der inzwischen Mérieux (Impfstoffe) übernommen hat, sind eine Reihe anderer namhafter Unternehmen wie Novartis, Duphar, Fisons oder Boiron vertreten. Das Institut Mérieux international gilt als weltweit größtes Forschungslabor [3] für Impfstoffe.

Auch die biologische und medizinische Verfahrenstechnik ist in Rhône-Alpes mit französischen Unternehmen (z.B. Biomérieux, Biomatech) und internationalen Konzernen (z.B. Bayer Diagnostic, Boehringer, Schering) überdurchschnittlich vertreten. Insgesamt entfallen 15 % der französischen Arzneimittelproduktion und 25 % ihrer Exporte auf Rhône-Alpes. Damit wird eine Tendenz deutlich, die auch für andere Zweige Gültigkeit besitzt: Die Unternehmen der Region zeigen sich überdurchschnittlich exportfreudig.

Auf die Verarbeitung einheimischer Rohstoffe reicht ursprünglich die Ansiedlung der Glasherstellung zurück, die heute noch an mehreren Standorten vertreten ist. Die gleiche Orientierung galt für die Ledererzeugung und -verarbeitung. Die traditionsreiche Lederhandschuhfertigung von Grenoble ist jedoch nahezu bedeutungslos geworden. Von der seit den 1970er Jahren dauernden Branchenkrise ist auch Romans, das Zentrum der französischen Schuhindustrie, nicht verschont geblieben. Ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen erfolgte auch in der Ledererzeugung (Annonay, Romans). Von der gleichen Entwicklung betroffen war die Papier- und Kartonagenproduktion.

Abbildung 19:

Beschäftigtenanteile in der Industrie: Vergleich Rhône-Alpes zu Gesamtfrankreich

 

 

Internet-Quelle [4]

Die Sektoren Maschinenbau und Metallverarbeitung sind mit 83.000 bzw. 75.000 Arbeitsplätzen an mehreren Standorten der Region präsent. Zu den bedeutenden Zweigen zählt der Nutzfahrzeugbau mit den Betrieben von Renault Trucks [5] (ehemals Renault Véhicules Industriels) und dem amerikanischen Baumaschinenhersteller Caterpillar. Typisch für die metallverarbeitende Industrie ist eine Vielzahl von recht kleinen Unternehmen, die als Zulieferer für Flugzeugbau, Automobilindustrie oder Tiefbau arbeiten.

Ein Beispiel für eine starke räumliche Branchenspezialisierung liefert das Arve-Tal (Haute-Savoie) zwischen Annemasse und Sallanches. Hier konzentrieren sich 70 % der französischen Automatendrehteilfertigung in kleinen und mittleren Unternehmen. Die knapp 700 Betriebe der exportstarken Branchen Elektrotechnik und Elektronik sind speziell im Raum Grenoble, der Wiege der Wasserkrafttechnik, sowie in Lyon, Saint-Etienne und Cluses angesiedelt. Die Branche zählt insgesamt 60.000 Beschäftigte, d.h. rund 10 % aller Industriebeschäftigten der Region (1995). Die Kunststoffproduktion und -verarbeitung geht wie die pharmazeutische Industrie auf den Chemiebereich zurück und ist mit ihm eng verflochten. So erstaunt es nicht, dass auch in diesem Bereich der Aventis-Konzern zu den wichtigsten Unternehmen zählt. Im Südjura hat sich zwischen Saint-Martin-du-Fresne und Moirans-en-Montagne in jüngerer Zeit eine regelrechte Plastic Vallée mit knapp 1.000 kunststoffverarbeitenden Betrieben herausgebildet (Zentrum Oyonnax).

Auf die Textilindustrie [6] entfallen fast 14 % der Arbeitskräfte im Verarbeitenden Gewerbe. Rhône-Alpes ist inzwischen vor Nord-Pas-de-Calais die wichtigste Textilregion Frankreichs. Die Zahl der Beschäftigten (29.183 i. J. 2002) ging hier allerdings wie in anderen alten Textilgebieten in jüngerer Zeit erheblich zurück, nur die Herstellung von Textilien für den technischen Gebrauch (z.B. Hexcel [7] , Porcher) und von Vliesstoffen (Freudenberg) blieb von der Schrumpfung ausgenommen. Insgesamt entfällt inzwischen knapp ein Fünftel der europäischen Produktion und Verarbeitung von technischen Textilien auf die Region Rhône-Alpes.

Abbildung 20:

Relative Beschäftigtenanteile in den Industriesektoren der Region Rhône-Alpes

 

Internet-Quelle [8]

Der gesamte Textilbereich [9] ist in Rhône-Alpes vertreten: Er umfasst die Forschung für textile Verfahren, Textilmaschinenbau, Stoffmusterkreation und Modeschöpfung, Produktion von Fasern und Garnen, Stoffen, Fliesen, Maschenware, Stickereien, textile Veredelung und Herstellung von Fertigprodukten. Nicht nur in vertikaler, sondern auch in horizontaler Sicht ist die Branche stark diversifiziert. Bei den Endprodukten finden sich u.a. Bekleidung, Posamenten, Gardinen, Möbelstoffe, Bettwäsche sowie Gewebe für den technischen Gebrauch in Industrie, Medizin und Freizeit. Seit Mitte der 1960er Jahre sind besonders die Hersteller einfacherer Produkte von der hauptsächlich durch überseeische Billigimporte ausgelösten Krise betroffen. Sie erfasste vor allem die alten Standorte der Textilbranche westlich von Lyon (Saint-Etienne, Roannais, Haut-Beaujolais).

In Bezug auf die intraregionale Strukturierung der Wirtschaft erweist sich Rhône-Alpes als äußerst heterogene Region: Neben modernen und dynamischen Gebieten finden sich Teilräume mit einer veralteten und im Niedergang befindlichen Ökonomie. Häufig deckt sich dieses Bild mit der Verbreitung bestimmter Branchen. Zu den krisengeschüttelten Zweigen gehören seit längerer Zeit die meisten Bereiche der Eisen- und Stahlerzeugung sowie der Textilindustrie. Relativ wenig beeinträchtigt sind dagegen Elektronik, Kunststoffverarbeitung, Feinmechanik und die Chemische Industrie. Den dynamischen Gebieten - dem Raum Lyon-Bourg-en-Bresse, der großen inneralpinen Längstalfurche (sillon alpin) mit den Polen Grenoble, Chambéry und Annecy sowie dem Rhônetal südlich von Lyon - stehen die Passivräume am Westrand der Region und in den Höhengebieten von Drôme und Ardèche gegenüber.