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'Einleitende Vorbemerkung'
 
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Einleitende Vorbemerkung

Nur wenigen Städten der Welt wird spontan eine so herausragende Bedeutung für ein Land zugebilligt wie der französischen Hauptstadt. Seit der Machtübernahme durch die Kapetinger im Jahre 987 stellte Paris so-wohl das geistigkulturelle als auch das politische und wirtschaftliche Zentrum des Landes dar. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl schon über 200.000, mehr als in jeder anderen Stadt des Okzidents. Bei der ersten Volkszählung nach der Revolution im Jahre 1801 wurden 546.856 Einwohner gezählt.

Abbildung 1:

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [1]

Gleichwohl: Die Einwohnerzahl von 1801 entsprach lediglich zwei Prozent der damaligen französischen Gesamtbevölkerung. Erst die nachhaltige Festigung der politischen und wirtschaftlichen Primatstellung in der napoleonischen Zeit legte den Grundstein für die Sogwirkung, die von der Hauptstadt ausgeübt wurde. Die Entwicklung zum eigentlichen Macrocephalus (BEAUJEU-GARNIER 1987, S. 89) hat somit erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingesetzt. So nahm zwischen 1840 und 1940 die Bevölkerung Frankreichs insgesamt um 4,9 Mio. Menschen zu. Im gleichen Zeitraum vermehrte sich die Bevölkerungszahl der Agglomeration von Paris um 4,6 Mio., dies vorwiegend aufgrund von Migrationsgewinnen. 1999 betrug die Einwohnerzahl [2] der Ile-de-France rd. 10,95 Mio. und damit 18,7 % der Gesamtbevölkerung der sog. Métropole.

Bevölkerungsentwicklung in der Ile-de-France 1876-1999
 Bevölkerung im Jahr .... (in Tsd.)
Département18761901192119361954197519901999

Paris20846872510201118143913911429
Petite Couronne

Hauts-de-Seine138307505776845132213811383
Seine-St.-Denis19892714290728302850230021472125
Val-de-Marne137289462685768121612181227


Grande Couronne

Seine-et-Marne34735834940945375610751194
Yvelines235270321428519108213061354
Essonne136165187287351923 10831134
Val d'Oise13016522735141384110481106


Gesamt3320473656836786731798791064910952
Quelle: INSEE 1989, p. 21 et INSEE - Ile-de-France 1992, 1, p. 32 ; pour 1999 http://www.ined.fr (20.3.2002)

Die Gefahren dieses explosionsartigen Wachstums waren schon früh sichtbar. Insbesondere die östlichen Arrondissements von Paris [3] , wo sich die Arbeiterbevölkerung der Stadt konzentrierte, wurden schon bald als die roten Viertel (quartiers rouges) stigmatisiert. Die Anlage der für die Zeit überdimensionierten Straßenfluchten während des Zweiten Kaiserreiches unter dem Stadtpräfekten Haussmann [4] hatte u.a. zum Ziel, die Stadt besser polizeilich und militärisch kon-trollierbar zu machen. Die wirtschaftliche Konzentration in der Hauptstadt wurde angesichts der wachsenden externen Bedrohung spätestens in den 1930er Jahren als Gefahr erkannt. Vier Fünftel der Automobilindustrie, ein fast ebenso hoher Anteil der optischen Industrie und fast das gesamte Flugwesen waren im Großraum von Paris konzentriert. Wenige Bomben hätten genügt, um die gesamte Landesverteidigung lahmzulegen.

Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar, warum bereits vor dem Zweiten Weltkrieg die Diskussion um die funktionale Dezentralisierung einsetzte. Aber alle Schritte, die seither unter diesem oder ähnlichen Begriffen unternommen wurden, wirkten letztlich halbherzig. Die Vorrangstellung von Paris im Städtesystem Frankreichs ist heute herausragend wie eh und je und es ist kaum zu erwarten, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. Im Gegenteil: mit Blick auf Europa setzt Frankreich offenbar alles daran, die internationale Dimension von Paris zu stärken, sie zu einem wichtigen Element des Gleichgewichts im Herzen Europas zu machen (BRÜCHER 1997, S. 10). Allerdings unterliegen Paris und die Ile-de-France einem Wandlungsprozess in ihrem Bevölkerungs- und Wirtschaftsgefüge, der nicht frei ist von Konfliktpotentialen und der diese Ambitionen gefährden könnte. Die Auswirkungen dieses Wandels auf die Stadtstruktur sind unüberseh-bar. Einige Aspekte seien im folgenden aufgezeigt.