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'Das Deutschlandbild in Frankreich '
 
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Das Deutschlandbild in Frankreich

Abbildung 28:

 

 

 

 

Internet-Quelle [1]

Die Sprachensituation ist nur ein Aspekt des Identitätskonflikts, der das Elsass kennzeichnet. Der ständige Wechsel der politischen Zugehörigkeit hat jeweils tiefe Narben in Form von Ressentiments, Ablehnung, gelegentlich sogar Hass hinterlassen. Insofern sind in den Köpfen der Menschen Grenzen erwachsen, die teilweise stärker und nachhaltiger wirken als es die politischen Grenzen getan haben. Nach dem Wegfall dieser Grenzen im Zuge des europäischen Integrationsprozesses gilt es nunmehr, diese Grenzen in den Köpfen aufzulösen, die immer noch Feindbilder produzieren, denn bloße Nachbarschaft ist alles andere als ein Garant für eine richtige, faire und nuancierte Kenntnisnahme des anderen (vgl.: Landeszentrale für politische Bildung, 1996, S. 4).

Wie stark die historischen Konflikte die "Wahrnehmung" des jeweilig anderen geprägt haben, lässt sich gerade am Beispiel des deutsch-französischen Verhältnisses und der "Bilder" voneinander augenfällig dokumentieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Vorstellungen nicht statisch sind, dass sie sich im Gegenteil im Verlauf der Geschichte sogar immer wieder gewandelt haben. Während der Französischen Revolution (1789-1799) entstand durch die Emigration eines Teils des französischen Adels nach Deutschland ein enger Kontakt zwischen den Oberschichten beider Länder, der dazu beitrug, ein überwiegend positives Deutschlandbild der französischen Elite zu formen.

Das auf eher bruchstückhaften Kenntnissen beruhende Bild vom "romantischen und idyllischen Deutschland" zerbrach jedoch 1870/71 während des Krieges zwischen Preußen und Frankreich. Deutschland wurde von nun an durch das Bild eines aggressiven, gewalttätigen und überdisziplinierten Preußen verkörpert. Dieses ab 1870 dominierende Bild Preußens prägt teilweise bis heute noch die Einstellung der Franzosen zu Deutschland. Augenfällig wird dies u. a. in den Karikaturen eines Jean-Jacques Waltz alias "Hansi", oder aber eines Tomi Ungerer [2] , der sich dem deutsch-französischen Verhältnis in besonders drastischer Weise in seinem Kunstwerk gewidmet hat.

Abbildung 29:

Das "Feindbild" des Preußen

In vielen Karikaturen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wird Deutschland durch das Bild eines aggressiven, gewalttätigen und überdisziplinierten Preußen verkörpert.


 

 
Quelle: Ursula Koch, Voisins et ennemis: La guerre des caricatures entre Paris et Berlin (1848-1890). In: J.-C. Gardes et D. Poncin (éd.): L'étranger dans l'image satirique. Poitiers 1994, S. 73-96 

Abbildung 30:

Die Deutschen aus der Sicht Hansis in l'Alsace heureuse

Die Karikaturen von Hansi alias J.-J. Waltz wirken auf den ersten Blick liebenswürdig. Im Detail ist ihnen jedoch beißende Ironie und manchmal sogar Sarkasmus eigen.

 


Quelle: Daniel Poncin, En Pays mal conquis: Les allemands vus par l'Alsacien Jean-Jacques Waltz, dit Hansi. In: J.-C. Gardes et D. Poncin (éd.): L'étranger dans l'image satirique. Poitiers 1994, S. 135-158 

Abbildung 31:

Titelblatt des Buches "Professor Knatschke" von Hansi. (Mülhausen 1913)
Beliebte Motive Hansis waren z. B. der deutsche Gelehrte, der Gendarm, die bürgerliche Familie. Sie wurden in ihren stereotypen Lebenssituationen dargestellt.
Hansi war nicht nur in seiner Zeit sehr populär. Seine Karikaturen sind bis heute im Elsass weit verbreitet und prägen damit nach wie vor das Bild des Deutschen.

 
Quelle: Daniel Poncin, En Pays mal conquis: Les allemands vus par l'Alsacien Jean-Jacques Waltz, dit Hansi. In: J.-C. Gardes et D. Poncin (éd.): L'étranger dans l'image satirique. Poitiers 1994, S. 135-158 

Abbildung 32/33:

Deutschland und Frankreich in der Karikatur Tomi Ungerers

In Tomi Ungerers Karikaturen spielt das Leid des Zweiten Weltkriegs bzw. das nationalsozialistische Regime eine besondere Rolle. Ein Teil seines Schaffens fällt noch in die Kriegsjahre. 

Internet-Quelle [3]  (Abb. 32)
Internet-Quelle [4]  (Abb. 33)

Gerade die Karikaturen Tomi Ungerers zeigen, wie die jüngere Vergangenheit das Bild des Deutschen in Frankreich geprägt hat. Immer wieder kommen bei ihm Motive vor, die das unendliche Leid verkörpern, das sich die beiden Länder zugefügt haben.

Drei Kriege innerhalb von wenig mehr als einem Jahrhundert (1870/71, 1914-1918 und 1939-1945) haben das Bild des Deutschen in Frankreich verbreitet zu einem Feindbild werden lassen, so dass es nicht verwundert, dass die Nachbarn östlich des Rheins in der Beliebtheitsskala der Franzosen in den 1960er Jahren im Vergleich zu anderen Völkern mit Abstand am Ende standen. Trotz des Neuanfangs von Zusammenarbeit und Versöhnung nach 1945 und vor allem seit Beginn der 1960er Jahre blieb die "Deutschenfreundlichkeit" in Frankreich zunächst eine Angelegenheit der Opinion-leaders. Bei der breiten Öffentlichkeit rangierten die Deutschen dagegen in der Sympathieskala ganz unten, wie der folgenden Graphik zu entnehmen ist (vgl.: Kolboom, 1991, S. 219).

Abbildung 34:

Die Beliebtheit der Völker unter den Franzosen in den 1960er Jahren

Internet-Quelle [5]

Seit Mitte der 70er Jahre hat sich das Verhältnis geändert. Die Deutschen rückten seitdem in der breiten Öffentlichkeit stetig in die Spitzenstellung der "besten Freunde". Heute scheint das eher negative "Feindbild" vom Nachbarn der Vergangenheit anzugehören. Der "stereotypisierte Deutsche" verschwindet langsam und macht einem nuancierten Bild von Deutschland Platz, in dem freundliche Zustimmung, verstärkte Neugier sowie Erkenntnis von Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten stärker im Vordergrund stehen (vgl.: I. Kolboom, 1991, S.219).