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'Suche nach einer Verminderung der Importabhängigkeit im Energiesektor'
 
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Suche nach einer Verminderung der Importabhängigkeit im Energiesektor

Bis zur ersten Ölkrise im Jahr 1973 wurden Frankreich und Deutschland wie alle übrigen Industrieländer immer stärker von Erdöl und seinen Derivaten abhängig, die den größten Teil ihres Energieverbrauchs abdeckten. Insbesondere Frankreich, das nur begrenzt über Kohlevorkommen verfügt, war von Erdöl extrem abhängig: Erdöl schlug mit zwei Drittel in seiner Energiebilanz zu Buche, während Kohle nur noch 15,5% belegte. Die Rolle der Kohle [1] nahm stetig ab, sogar in der Stromproduktion der Wärmekraftwerke liefen zwei Drittel der Anlagen bereits mit Erdöl. Die Wasserkraft [2] , deren Potenzial in den 1950er und 1960er Jahren durch enorme Bauprojekte in den Alpen, an der Rhône und am Rhein ausgebaut worden war, hatte sich somit zur wichtigsten eigenen Quelle der Elektrizitätsproduktion entwickelt, zur der sie circa ein Viertel beitrug. Die Kernkraft (mit 4,4% der gesamten Stromproduktion) steckte noch in den Kinderschuhen. Frankreich produzierte über die Hälfte seiner Elektrizität durch Energieimporte. Die energiepolitische Lage Frankreichs zeichnete sich damit durch eine extrem hohe Importabhängigkeit aus: Circa 80% seines Energiebedarfs wurde vom Ausland geliefert.

Abbildung 1:

Primärenergiebilanz von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR im Jahr 1973. 

Quelle: Michel Deshaies 

 

Die Lage in den beiden deutschen Staaten war dagegen sehr unterschiedlich. In der Energiebilanz der Bundesrepublik Deutschland schlug wie in Frankreich das Erdöl am stärksten zu Buche, allerdings mit einem leicht geringeren Anteil von 55%. Die bedeutenden Steinkohle- und Braunkohlevorkommen des Landes glichen die geringe Elektrizitätsgewinnung durch Wasserkraft mehr als aus und deckten über 30% des Energiebedarfs des Landes. Außerdem wurde das damals genutzte Erdgas hauptsächlich aus deutschem Boden gefördert, so dass die Bundesrepublik offenbar etwas weniger von Energieimporten abhängig war, die ungefähr die Hälfte ihres Bedarfs sicherstellten.

In der DDR verfolgte die kommunistische Regierung eine Politik der Autarkie mit dem Ziel, Energieimporte auf ein Minimum zu reduzieren, indem eigene Ressourcen intensiv ausgebeutet wurden. Erdöl machte nur 17% der Primärenergiebilanz aus, während 69% der Energie des Landes aus dem Abbau und der Verbrennung von Braunkohle stammte, von der jährlich 250 Millionen Tonnen in den beiden großen Becken in Mitteldeutschland (Region um Leipzig und Halle) und in der Niederlausitz gefördert wurde. Zusammen mit der im kleineren Zwickauer Becken (Sachsen) geschürften Steinkohle gelang es der DDR mit ihren Festbrennstoffen, ihre Energieeinfuhren auf nur 22% ihres Bedarfs zu beschränken. Zieht man - rein theoretisch - eine Bilanz des gesamten Energieverbrauchs der beiden deutschen Staaten, betrug damals der Erdöl-Anteil circa 47% des Gesamtenergieverbrauchs und damit etwas mehr als die gesamte Energieproduktion aus Steinkohle und Braunkohle (41% des Primärenergieverbrauchs).

Die erhebliche Verteuerung des Erdöls gegen Ende des Jahres 1973 beendete eine Phase der Prosperität, die sich auf niedrige Energiepreise gründete. Sie zwang die Industriestaaten wie Frankreich und Deutschland, ihre Importe von Erdöl und seinen Derivaten zu verringern, dies umso mehr, als die schiitische Revolution im Irak 1979 eine weitere Ölkrise auslöste. So stieg der Verbrauch an Primärenergie, der zwischen 1970 und 1973 um mehr als 10% gewachsen war, zwischen 1973 und 1979 in Deutschland nur um 5% und in Frankreich lediglich um 7%. Die Wirtschaft verringerte schrittweise den Ölverbrauch, 1979 noch in bescheidenem Umfang, jedoch verstärkt zu Beginn der 1980er Jahre. Frankreich gelang es 1985, seinen Erdölverbrauch im Vergleich zu 1973 um ein Drittel zu reduzieren, während die beiden deutschen Staaten gemeinsam kaum ein Viertel Reduktion erreichten. Zu diesem Zeitpunkt lag Erdöl im Primärenergieverbrauch Frankreichs nur noch bei einem Anteil von 41%, während dieser in der Bundesrepublik noch 43% ausmachte.

Abbildung 2:

Das Kernkraftwerke Nogent-sur-Seine hat zwei Reaktorblöcke von 1300 MW, die 1987 und 1988 ans Netz gingen. Seine Jahresproduktion liegt bei 17 TWh, das entspricht einem Drittel des Energieverbrauchs der Ile-de-France. Seine beiden Kühltürme in Höhe von 165 m ermöglichen eine verringerte Entnahme von Kühlwasser aus der Seine.

Internet-Quelle [3]

Dieser Unterschied resultiert vor allem aus dem weitaus stärkeren Ausbau der Kernenergie [4] in Frankreich. Infolge der Ölkrise wurde das Programm zum Bau von Atomkraftwerken beschleunigt. Schon 1985 deckte die Kernenergie nahezu ein Drittel des Primärenergieverbrauchs, vor allem lieferte sie drei Viertel der Stromproduktion. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Stromverbrauch zwischen 1973 und 1985 um 80% gestiegen ist, was in großem Maße staatlich gefördert wurde.

Abbildung 3:

Standorte von Nuklearanlagen in Frankreich am 1. Februar 2004.

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [5]

Abbildung 4:

Entwicklung der französischen Stromerzeugung.

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [6]

Dagegen wurde in der Bundesrepublik das Kernenergieprogramm durch eine starke ökologische Bewegung ("Bunte Liste" usw.) gebremst, die u. a. Demonstrationen organisierte. Außerdem bestand die Option, andere eigene Energieträger zu nutzen. Während die Steinkohleproduktion zwar langsamer als in den 1960er Jahren, aber kontinuierlich sank, nahm die von Braunkohle erheblich zu und stieg von 113 Mio. Tonnen 1972 auf 130 Mio. Tonnen im Jahr 1979. Braunkohle [7] und Steinkohle [8] lieferten gemeinsam circa 50% des Stromverbrauchs der Bundesrepublik Deutschland, während die Kernenergie 1985 etwas weniger als 30% abdeckte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon fast ihre maximale Kapazität erreicht.

Abbildung 5:

Kernreaktoren in Deutschland im Jahr 2002.

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [9]

In der DDR hatte die Verteuerung des von der UdSSR gelieferten Erdöls dramatische Konsequenzen für die finanzielle Lage des Landes, daher wurde die Produktion von Braunkohle bis auf das Äußerste vorangetrieben. Von 1973 bis 1985 wurde die Förderung von 246 auf 311 Millionen Tonnen gesteigert, und dieses hohe Niveau wurde bis 1989 gehalten. So deckte Braunkohle 68% des Energieverbrauchs der DDR und auf ihrer Grundlage wurden 85% des Stroms erzeugt. Ein Nuklearprogramm wurde erst spät mit sowjetischer Technologie gestartet. Die beiden errichteten Kernkraftwerke vom Typ Tschernobyl sind im Zuge der deutschen Wiedervereinigung geschlossen worden.