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Fazit

Nachdem die Politiken Frankreichs und Deutschland bis in die Mitte der 1980er Jahre in gewisser Weise dieselbe Richtung einschlugen, um Lösungen für eine Verringerung der Importabhängigkeit im Energiesektor zu finden, haben sie sich dann immer weiter auseinander entwickelt und vertreten heute zwei völlig unterschiedliche Optionen: Frankreich ist weltweit führend in der Kernenergie und bereitet eine neue Reaktorgeneration vor. Deutschland dagegen hat den Ausstieg aus der Kernenergie angekündigt und betreibt eine sehr voluntaristische Politik des Ausbaus erneuerbarer Energien, wobei weiterhin ein großer Teil seiner Energiebilanz aus traditionellen Energien, Braunkohle und Steinkohle, abgedeckt wird.

Abbildung 48:

Der Tagebau in Hambach in der Kölner Bucht schürft heute bis in eine Tiefe von 400 m.

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [1]

Während die Kernenergie jene Energieform ist, die am stärksten von Umweltschützern kritisiert wird, rufen Steinkohle und Braunkohle beträchtliche Umweltschäden hervor, die in direkterer Weise eine Gefährdung darstellen. Dies zeigt, dass die aktuelle Diskussion über Energie und Umwelt komplex ist und voller Ambivalenzen steckt. Die Kernenergie hinterlässt zwar künftigen Generationen Abfälle, die schwer zu bewältigen sind, sie hat jedoch den Vorzug, keine Treibhausgase freizusetzen und damit die Erwärmung des Klimas in Grenzen zu halten. Dagegen scheinen die erneuerbaren Energien trotz ihres spektakulären Ausbaus in Deutschland derzeit wenig geeignet, den Ausstieg aus der Kernenergie auszugleichen. Daher wird die Nutzung von Braunkohle und Steinkohle fortgeschrieben, die starke Emissionen von Treibhausgasen zur Folge hat. Man kann also die Frage stellen, ob der Verzicht auf die Kernenergie tatsächlich die günstigste Entscheidung für die Umwelt ist. Nach dem heutigen Stand der technologischen Entwicklung bleibt eine umfangreiche, kostengünstige und umweltfreundliche Energieproduktion in weitem Maße Utopie. Dies ist eine der großen Herausforderungen, der sich Europa in naher Zukunft stellen muss.

Es ist ebenfalls unklar, ob der Ausstieg aus der Kernenergie wirklich unumkehrbar ist und bei einem Regierungswechsel nicht eventuell wieder in Frage gestellt wird. Da der Beschluss bis 2010 nur geringe Auswirkungen zeitigen wird, bleibt noch Zeit, die Diskussion wieder aufzunehmen. Jedenfalls lässt sich beobachten, dass die Ausstiegsentscheidung den größten deutschen Energiekonzern, Siemens, nicht davon abgehalten hat, mit der französischen Nukleargesellschaft AREVA eine Zusammenarbeit einzugehen, um den Kernreaktor der neuen Generation EPR fertig zu stellen. Das Konsortium hat vor kurzem einen großen Erfolg verbuchen können, als am 18. Dezember 2003 ein Vertrag zum Bau eines EPR-Reaktors mit der finnischen Elektrizitätsgesellschaft TVO unterzeichnet wurde. Diese nicht stromlinienförmige Entscheidung könnte den Beginn eines erneuten Aufschwungs der Nuklearindustrie bedeuten, die in den vergangenen Jahren eher auf schwachen Füßen stand. Bei den derzeit wachsenden Spannungen auf den Energiemärkten könnte die Kernenergie vielleicht erneut ihre unbestreitbaren Vorteile geltend machen.