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'Historische Entwicklung des Chemiekonzerns Hoechst '
 
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Historische Entwicklung des Chemiekonzerns Hoechst

Im Jahr 1863 gründeten Wilhelm Meister, Dr. Eugen Lucius, August Müller und Dr. Adolf Brüning die "Theerfarbenfabrik"Meister, Lucius & Co. in Höchst am Main nahe bei Frankfurt/Main(Bäumler 1988: 22; Bathelt/Griebel 2001: 4). Unter diesem Namen wurde in den Anfangsjahren vor allem der rote Farbstoff Fuchsin produziert. 1883 wurde die Herstellung von Chinolin aufgenommen, Ausgangsstoff eines fiebersenkenden Medikaments und gleichzeitig ein Vorprodukt für die Farbstoffproduktion. Seit diesem Zeitpunkt fuhr das Unternehmen zweigleisig und verfolgte zum einen die Farbstoffproduktion, zum anderen fand man mit Hilfe von Chinolin den Einstieg in die pharmazeutische Industrie. In Zusammenarbeit mit den Chemikern Robert Koch [1] und Emil von Behring [2] wurde schon bald an der Erforschung und Herstellung von Immunpräparaten gegen Tuberkulose (Koch) und Diphtherie (Behring) gearbeitet (Bäumler 1988: 127ff, 133f; Bathelt/Griebel 2001: 4). Um unabhängig von wirtschaftlichen Einflüssen agieren zu können, begann man bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit der Herstellung von Basismaterialen (Bäumler 1988: 75ff; Hoechst AG 2000: 4, Bathelt/Griebel 2001: 4). Ab 1888 wurden die Aktien der "Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning" an der Börse gehandelt (Hoechst AG 2000: 4).

Abbildung 3:

Luftbildaufnahme des ehemaligen Hoechst-Konzerns. Im Vordergrund ist die Südseite des Geländes zu sehen, die aufgrund der Expansion des Unternehmens ab den 1950er Jahren bebaut wurde.

© Infraserv Höchst 

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts hatte das Unternehmen eine führende Marktposition und ein internationales Vertriebs- und Produktionsnetz aufgebaut. Durch die Errichtung von Handelsbarrieren war das Unternehmen gezwungen, in vielen verschiedenen Ländern Produktionsstätten aufzubauen, so z.B. in Paris, Liverpool und Moskau. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor der Hoechst-Konzern einen Teil seiner Weltmarktposition (Bathelt/Griebel 2001: 5). Im Jahr 1925, noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wurde unter Beteiligung von Hoechst und weiteren deutschen Chemieunternehmen die I.G. Farbenindustrie AG [3] mit Sitz in Frankfurt/Main gegründet (Bäumler 1988: 268; Hoechst AG 2000: 6). Mit der I.G. Farben wurde der Hoechst-Konzern in die Aktivitäten des nationalsozialistischen Regimes verwickelt (Bathelt/Griebel 2001: 5). Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Konzern bis 1951 unter US Administration und nahm 1974 schließlich den Namen "Hoechst Aktiengesellschaft" an (Hoechst AG 2000: 9).

Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre vollzog der damalige Vorstandsvorsitzende Wolfgang Hilger eine schrittweise Diversifizierung zentraler Arbeitsbereiche. Ein Hauptaugenmerk der Expansions- und Diversifizierungsbestrebungen des Konzerns lag auf dem nordamerikanischen Markt, auf dem man sich bis dahin unterrepräsentiert sah und von dem man sich einen großen Wachstumsschub versprach. So investierte man vor allem in die Sparten Fasern, Kunststoffe, Organika und Generika. (Bathelt/Griebel 2001: 6).

Im April 1994 übernahm Jürgen Dormann den Vorstandsvorsitz. Auf ihm lastete die Hoffnung und Erwartung, den Konzern aus seinen unflexiblen verhärteten Strukturen herauszuholen und den veränderten Rahmenbedingungen, besonders dem verstärkten Konkurrenzdruck sowie strengeren Umweltauflagen, anpassen zu können (Bathelt/Griebel 2001: 7). Dormann entwickelte ein striktes Konzept der Neugestaltung des Hoechst-Konzerns. Die von ihm verfolgte Strategie der Reorganisation bedeutete eine schrittweise Auflösung der traditionell gewachsenen Unternehmensschwerpunkte.

Anfang 1995 wurde von Seiten des Hoechst-Konzerns die Akquisition des US-amerikanischen Pharmakonzerns Marion Merrell Dow (MMD) bekannt gegeben (FR 02.03.1995) und 1996 wurde das französische Pharmaunternehmen Roussel Uclaf übernommen und organisatorisch integriert (Bathelt/Griebel 2001: 9f).

Unter dem Dach der Life Sciences [4] strebte der Hoechst-Konzern eine vollständige Konzentration und Spezialisierung in den Arbeitsgebieten Gesundheit, Ernährung und Landwirtschaft an (Menz/Becker/Sablowski 1999: 112ff). Die Life Science-Strategie führte ab 1996 zu einem verstärkten Umbau des Konzerns (Bathelt/Griebel 2001: 12). Mitte 1997 wurde er schließlich aufgelöst und in eine Holding ungewandelt, in welche die verschiedenen Arbeitsgebiete als selbständige Gesellschaften eingebracht wurden. Die Unternehmen Hoechst Marion Roussel [5] (Pharma), AgrEvo (Landwirtschaft) und Hoechst Roussel Vet> (Tiergesundheit) bildeten damals den Bereich Life Science (Wagner 2000: 44f). Abgespalten dagegen wurden all jene Unternehmen, die nicht zum neu definierten Kerngeschäft, den Life Sciences, gehörten. Nach Aussagen des Konzerns war es aufgrund der Dynamik und der Komplexität des globalen Wettbewerbs dem Hoechst-Konzern auf Dauer nicht möglich, in den verschiedenen Bereichen der Chemischen Industrie seine Spitzenposition zu halten (Wagner 2000: 44). Daher wurde es für notwendig erachtet, sich von einigen Geschäftsfeldern zu trennen, wie z.B. den Industrieaktivitäten. Kontinuierlich wurden Produktbereiche abgebaut und aus dem Konzernverbund herausgelöst. Teils wurden sie als eigenständige Tochtergesellschaften ausgegliedert, teils auch verkauft.

Abbildung 4:

Umstrukturierung des ehemaligen Hoechst-Konzerns von 1994-2004 

 

 

Quelle: Bathelt/Depner/Griebel (2002), Nationalatlas