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'Europa: doch kein Kontinent?'
 
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Europa: doch kein Kontinent?

War aber Europa [1] überhaupt ein Kontinent, oder war dies nur ein Irrtum? Seit dem 17. Jh. wurde immer klarer, dass es auf breiter Front mit Asien einen Doppelkontinent „Eurasien“ bildete. Dennoch blieben viele Vertreter der länderkundlichen Geographie im Gefolge Carl Ritters dabei, dass Europa aufgrund der „Totalität“ seiner Naturverhältnisse und der darauf abgestimmten geschichtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, wenn schon nicht ein Kontinent, so doch ein eigenständiger „Erdteil“ sei, der wohl individualisierte Länder zu einem „geschlossenen System“, einem „Erdindividuum“ höherer Ordnung, integriere (vgl. Schultz 1999: 19f.).

Der Doppelkontinent Eurasien – seit dem 17. Jahrhundert eine verbreitete, wenn auch nicht unwidersprochene Vorstellung.



(Quelle: http://www.wdt.qc.ca/MAPS/EURASIA.JPEG [2] )

So bürgerte sich, wie Alfred Hettner 1893 auf dem Stuttgarter Geographentag bedauerte, Eu-ropa beim „großen Publikum“ fest ein: „Jeder hat ein gehobenes Gefühl und bricht in Worte der Begeisterung aus, wenn er von Gibraltar nach Afrika oder von Konstantinopel nach Asien hinüberblickt oder auf dem Kamm des Ural die Grenze von Europa nach Asien überschreitet. Mit den Worten europäisch, asiatisch, afrikanisch, amerikanisch, australisch meint man eine bestimmte Charakteristik von Land und Leuten auszusprechen“ (1893: 189). Hettner ließ da-gegen nur den Begriff des „Festlandes“, einer rings von Wasser umgebenen Landmasse, gel-ten, deren Selbständigkeit vom Grad ihrer Meeresumflossenheit abhänge, während im Innern die größten Verschiedenheiten herrschten. Europas „Erdteilnatur“ hatte sich für ihn erledigt; es war „nichts als ein westlicher Vorsprung, ein Endland Asiens“ (1907: 3). Leider werde „die geographische Dreiteilung der alten Welt“ aus dem Sprachgebrauch nicht mehr zu tilgen sein, da sie der Gebrauch „geheiligt“ (2) habe. „Mitschuld“ für diesen „Mißbrauch“ (1893: 197) trügen die Geographen selbst, Wissenschaft wie Schule. So blieb Hettner beim „ungerechtfer-tigten Gebrauch“ des Erdteilbegriffs, warnte aber davor, die so herausgestellten Räume als „natürliche“ (1926/II: 6) anzusehen. Gut 70 Jahre später kritisierte Theodor Kraus erneut die konventionellen Erdteile und bezeichnete sie als „Fibelwissen für Kinder“ (1968: 717).