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'Grenzüberschreitende Kooperation im Oberrheingebiet'
 
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Grenzüberschreitende Kooperation im Oberrheingebiet

Abbildung 41:

Internet-Quelle [1]

Die Oberrheinregion: Durchgangsland im deutsch-französischen Grenzgebiet

Aus geographischer Sicht ist die Oberrheinregion eine Einheit. Flankiert von den Vogesen im Westen und dem Schwarzwald im Osten ist sie ein Teilglied des Oberrheingrabens, der in diesem Abschnitt aufgrund der Randgebirge über kein unmittelbares Hinterland verfügt. Allerdings trägt die Region deutlich den Charakter eines Durchgangslandes in nord-südlicher Richtung. Dies war historisch sehr wichtig, ist es aber heute noch genauso im Zeichen der europäischen Integration.

Abbildung 42:

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg, Heft 32, 1996, Rückseite.

Eine der Grundfragen lautet, welche öffentlichen und privaten Akteure auf welchen unterschiedlichen Ebenen miteinander kooperieren? Es wird dabei rasch deutlich, dass diese Verknüpfungen außerordentlich vielfältig sind. So gibt es unter anderem:

  • Multilaterale Konventionen (im Rahmen des Europarates)
  • Bi- oder plurilaterale völkerrechtliche Rahmenabkommen zwischen den Staaten
  • Grenzüberschreitende Vereinbarungen zwischen den Regionen
  • Kooperationsverträge (Zweckverbände) zwischen Institutionen und Kommunen
  • Funktionale Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften, usw.

Die grenzüberschreitende Netzwerkbildung im Oberrheingebiet begann mit der Gründung der Regio Basiliensis [2] bereits im Jahre 1963. Dieser auf privater Initiative erfolgte Zusammenschluss legte, gemeinsam mit einer grenzüberschreitenden Bürgerbewegung, den Grundstein für die Zusammenarbeit zwischen der Nordwest-Schweiz, dem Elsass und Baden-Württemberg, wobei die Initiative zu dieser Gründung von der Schweiz ausging.

Die Regio Basiliensis ist seit ihrer Gründung als privatrechtlicher Verein im Sinne einer Public-Private-Partnership organisiert. Das Netzwerk umfasst eine Beteiligung des Staates (Schweiz), der Wirtschaft und der Wissenschaft und hat zum wesentlichen Ziel, die grenzüberschreitenden Kontakte zu intensivieren (Lötscher, 1991, S. 521).

 

Regio Basiliensis 

  • Einer der ersten Impulse für die grenzüberschreitende Kooperation im Oberrheingebiet kam interessanterweise aus der Nordwestschweiz, wo sich 1963 als privatrechtliche Institution die Regio Basiliensis gründete. 
  • Sie ist die Schweizer Partnerin für die Oberrhein-Kooperation. Ihr Zweck ist es, von schweizerischer Seite Impulse für die Entwicklung des oberrheinischen Raumes zu einer zusammengehörigen europäischen Grenzregion zu geben und bei deren Realisierung mitzuwirken 
  • Sie ist einerseits ein Verein, der heute von rund 370 Einzel- und 210 Kollektivmitgliedern getragen wird. Andererseits erfüllt sie seit 1970 als Außenstelle der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Aargau auch staatliche Funktionen im Sinn der kleinen Außenpolitik.
  •  Ihr Wirkungsperimeter ist das Regio-Gebiet am südlichen Oberrhein (RegioTriRhena, 2.1 Mio. Einw.). Partner sind die Regio-Gesellschaften in Mulhouse und Freiburg sowie kommunale und Wirtschaftsinstanzen. 

 Quelle: http://www.regbas.ch/d_home.cfm [3]

Schon wenig später (1965) entstand auf französischer Seite die elsässische Regio du Haut-Rhin [4] , deren Vereinszweck weitgehend mit dem der Regio Basiliensis übereinstimmte. Sie verstand sich somit von Beginn an als eine Art Partnerorganisation auf französischer Seite, der dann folgerichtig, wenngleich wesentlich später (1985), auf deutscher Seite die Gründung der Freiburger Regio-Gesellschaft [5] folgte. Wichtig ist in dem Zusammenhang die Signalwirkung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die sich in den folgenden Jahren [6] in einer Reihe weiterer Zusammenschlüsse auf den unterschiedlichsten Ebenen dokumentiert.

Chronologie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit

                                                                
1963Gründung der Regio Basiliensis 
1965Gründung der "Regio du Haut-Rhin" in Mulhouse
1971Beginn regelmäßiger trinationaler Gespräche (Conférence tripartite
ab 1972"Konferenz Oberrheinischer Regionalplaner - KOR" 
ab 1975Einrichtung der Oberrheinkonferenz - ORK 
1982Europäisches Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften. 
 Konstituierung des Lenkungsausschusses PAMINA
 Konstituierung des Begleitenden Ausschusses Oberrhein Mitte-Süd für das INTERREG-I-Programm 1991-1993
1991Eröffnung des PAMINA-Büros in Lauterbourg 
1993Eröffnung der Info- und Beratungsstelle INFOBEST PALMRAIN 
1995Konstituierende Sitzung des "Regiorates" (heute TriRhena)
1995Konstituierende Sitzung der begleitenden Ausschüsse INTERREG II
1996Unterzeichnung des "Karlsruher Übereinkommens" über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen (Deutschland/Frankreich/Schweiz/Luxemburg)
1997Gründung des "Oberrheinrates" in Baden-Baden 
1997 Kooperationsvereinbarung zur Bildung der Arbeitsgemeinschaft PAMINA 
1998Gründung der Arbeitsgemeinschaft Centre 

Internet-Quelle [7]

 

Ein wichtiger Meilenstein auf politischer Ebene war die 1971 erfolgte Einrichtung der sog. Conférence Tripartite, ein ständiges grenzübergreifendes Konsultationsforum, das in dieser Form ein absolutes Novum in der europäischen Landschaft darstellte und das von daher auf nationaler Ebene durchaus mit Zurückhaltung beobachtet wurde (Rausch, 2000, S. 103). Obgleich mit keinerlei Handlungskompetenzen versehen, hatten sich hier politische Institutionen (Regierungspräsidium in Freiburg, Präfektur des Dépt. Haut-Rhin in Colmar und die kantonale Regierung in Basel) zusammengeschlossen, um die Entwicklung im Dreiländereck der Schweiz, Frankreichs und Deutschlands zu koordinieren.

Dass diese Entwicklung nicht ohne politische Brisanz war, zeigt sich darin, dass schon bald aus der Conférence Tripartite ein Dreiseitiger Regionalausschuss (DRA) für die südliche und ein Zweiseitiger Regionalausschuss (ZRA) für die nördliche Oberrheinregion hervorging. Hintergrund hierfür waren u.a. die Konkurrenzbefürchtungen zwischen dem Regierungspräsidium in Freiburg und der Staatskanzlei in Mainz um die "Vorherrschaft" am Oberrhein. Dies zeigt, dass, trotz aller Integrationsbemühungen, in den Entscheidungsprozessen regionale Interessen eine wichtige Rolle spielten.

Wichtiger scheint somit die politische Signalwirkung, die von der Einrichtung der Conférence Tripartite ausgegangen ist und die schon bald in einer anderen Institution, der Oberrheinkonferenz [8] ihren Niederschlag gefunden hat. In diesem 1975 durch Staatsvertrag abgesicherten Gremium haben sich die Akteure der Private-Public-Partnership der Oberrheinregion zusammengeschlossen. Ihr Mandatsgebiet umfasst:

  • in Deutschland: vom Land Baden-Württemberg das Gebiet der Regionen Mittlerer Oberrhein, Südlicher Oberrhein und den Landkreis Lörrach. Vom Land Rheinland-Pfalz den Raum Südpfalz der Region Rheinpfalz mit den Landkreisen Südliche Weinstraße und Germersheim sowie die kreisfreie Stadt Landau und die Verbandsgemeinden Dahn und Hauenstein aus der Region Westpfalz,
  • in Frankreich: die Région Alsace (Départements Bas-Rhin und Haut-Rhin),
  • in der Schweiz: die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Der Kanton Aargau und der Landkreis Waldshut sind assoziiert.

Das Mandatsgebiet der Oberrheinkonferenz

Die ORK basiert auf der Bonner Vereinbarung, welche durch die nationalen Ebenen von Deutschland, Frankreich und der Schweiz 1975 geschlossen worden waren. Die Deutsch-französisch-schweizerische Regierungskommission diente in erster Linie als ein formelles "Dachgremium", dem innerhalb der sog. Euro-Region Oberrhein [9] (nicht Euregio!) Koordinations- und Beratungsfunktion zufällt.

Abbildung 43:

 

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle

In den 1980er Jahren vollzog sich die Operationalisierung der Kooperation durch die Bildung zahlreicher Ausschüsse und Arbeitsprogramme. Seit 1988 wurden regelmäßig Dreiländerkongresse (Hauptakteure sind die regionalen Exekutivpartner sowie interessierte Partner aus Wirtschaft und Forschung) initiiert, welche Impulse für die soziale, politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit geben sollen. 1995 bildete sich der Rat der Regio TriRhena [10] , in dem sich kommunale und privatrechtliche Partner aus der Nordwestschweiz, Südbaden und dem Département Haut-Rhin zusammenschlossen. 1997 entstand schließlich der Oberrheinrat (ORR), ein politisches Gremium, in dem seither die Legislativpartner der Baseler Kantone sowie der Kantone Aargau, Solothurn und Jura, daneben die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, schließlich der Regionalrat der Région Alsace (Conseil Régional d'Alsace) und die Conseils Généraux der Départements Bas-Rhin und Haut-Rhin zusammengeschlossen sind. Der ORR ist das Komplementärgremium zur ORK und setzt sich aus den Abgeordneten der Euro-Region Oberrhein [11] zusammen, als die sich die Region heute nach aussen präsentiert. Diese regionalpolitische Bezeichnung hat allerdings keine formaljuristische Rechtfertigung und ist vor allem nicht zu verwechseln mit den Euregionen.

Kooperationsräume am Oberrhein

Die übergeordneten Institutionen verdecken teilweise die Tatsache, dass sich innerhalb der Euro-Region Oberrhein mehrere Zusammenschlüsse auf regionaler Ebene gebildet haben, die teilweise konkurrierend nebeneinander stehen. Die wichtigsten sind die jeweils als Zusammenschlüsse der Public-Private-Partnership zu verstehenden Kooperationsräume TriRhena im südlichen Dreiländereck, die Region Centre und im Norden die Region Pamina (Mohr, 2000, S. 34)

Abbildung 44:

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Mohr, 2000, S. 34.

Die Region TriRhena

Die Region TriRhena hat in einem Leitbildkatalog Schwerpunkte der grenzüberschreitenden Kooperation formuliert:

Diese sind u.a. Wirtschaft, Messen, Ausbildung und Forschung, Bio-Valley, Tourismus, Verkehr, Euro-Airport, Umwelt, Raumordnung, Freizeit und Sport, Telekommunikation, Medien, Soziales Leben.

Abbildung 45:

 

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle 

Die Region Centre

1999 wurde die grenzüberschreitende Arbeitsgemeinschaft Centre als weitere teilräumliche Interessensvertretung auf kommunaler Ebene gegründet. Beteiligt sind auf deutscher Seite der Ortenaukreis und der Landkreis Emmendingen und auf französischer Seite das Département du Bas-Rhin, die Straßburger Stadtgemeinschaft Communauté Urbaine de Strasbourg CUS und die Région Alsace.

Abbildung 46:

 

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [12]

Die Region Pamina

Hierbei handelt es sich um einen deutsch-französischen Kooperationsraum, der sich aus den drei Teilgebieten Südpfalz (PA), Mittlerer Oberrhein (MI), und dem Nord-Alsace (NA) zusammensetzt. Das gemeinsam getragene PAMINA-Büro in Lauterbourg fungiert als Informations- und Beratungsstelle für grenzüberschreitende Fragen und ist gleichzeitig das Sekretariat des EU-INTERREG-Programmes PAMINA.

Das Büro hat bis jetzt noch keine Rechtspersönlichkeit, aber diese Lücke wird kurzfristig durch die Schaffung eines grenzüberschreitenden örtlichen Zweckverbands, der den Namen Regio PAMINA tragen wird, ausgefüllt.

Abbildung 47:

Region Pamina [13]

 

 

 

 

 

 

 

 

Die im Rahmen dieser Kooperationsräume realisierten Maßnahmen sind außerordentlich vielfältig und komplex. Sie haben seit Beginn der 1990er Jahre im Rahmen der sog. INTERREG-Programme [14] einen deutlichen Aufschwung erfahren. Es handelt sich dabei um Förderprogramme der Europäischen Union zur Verbesserung grenzüberschreitender und interregionaler Kooperation. Vorreiter war in diesem Zusammenhang der PAMINA-Raum mit seinem Oberzentrum Karlsruhe [15] , wo bereits vor Beginn der eigentlichen INTERREG-Förderung eigene Entwicklungskonzeptionen erarbeitet wurden, die schließlich zur Bildung eines eigenständigen INTERREG-Fördergebietes führten. Die restlichen zwei Drittel (Centre und TriRhena) bildeten ab 1990 das trinationale INTERREG-Gebiet "Oberrhein Mitte-Süd". Dazu gehören fünf nordwest-schweizerische Kantone, der größte Teil der Region Elsass sowie das Gebiet von Südbaden. Interessant ist hierbei, dass mit der Schweiz auch ein Land, welches nicht der EU angehört, in die Brüsseler Förderprogramme mit einbezogen wurde.

Das Volumen der INTERREG-Förderung für die Oberrheinregion ist durchaus beachtenswert. Zwischen 1990 und 2000 flossen rund 55 Mio. Euro aus Brüssel in die Region, die durch den gleichen Betrag aus nationalen Mitteln ergänzt wurden. Insgesamt wurden damit in den beiden Fördergebieten mehr als 200 Projekte realisiert. Zu den herausragenden Pilotmaßnahmen zählte z. B. die Einrichtung eines institutionellen Netzwerkes der grenzüberschreitende Zusammenarbeit [16] mit vier Informations- und Beratungsstellen, die jeweils in ehemaligen Zollgebäuden untergebracht wurden und die damit auch optisch den Funktionswandel der Grenzen verdeutlichen (Ungern-Sternberg, 2001, S.65 ff.)

Das Akronym dieser Informations- und Beratungsstellen, INFOBEST [17] , leitet sich ab aus den Aufgabenstellungen, die diese Zentren in der Region übernehmen. Dies sind u.a. (vgl. Anfangsbuchstaben in rot):

  • Information und Beratung für grenzüberschreitende Fragen zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz
  • Netzwerk der vier INFOBEST-Zentren: Palmrain in Village-Neuf, Vogelgrun/Breisach, Kehl/Strasbourg und Pamina in Lauterbourg
  • Für Bürger, Vereine, Unternehmen, Verwaltungen und Politiker ein Ansprechpartner
  • Organisator grenzüberschreitende Veranstaltungen und Projekte
  • Bietet Hilfestellung bei grenzüberschreitender Kooperation, vor allem im Rahmen von INTERREG
  • Ein Scharnier zwischen den Verwaltungen der drei Länder, um die Kommunikation und administrative Zusammenarbeit zu unterstützen
  • Schaufenster der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein
  • Treffpunkt für grenzüberschreitende Begegnungen

          (Internet-Quelle [18] )

Außerdem gibt es zahlreiche regionale Arbeitsgruppen und Kommission, die oft mit einem politischen Mandat ausgestattet sind. Sie umfassen Bereiche wie: Verkehrspolitik, Wirtschaftspolitik, Umwelt, Raumordnung, Drogen, Gesundheit, Bildung und Erziehung, Kultur, Freizeit etc.

Die Homepage von INFOBEST PALMRAIN, der im Rahmen der INTERREG-Förderung eingerichteten Informations- und Beratungsstelle für die Region TriRhena. INFOBEST setzt u.a. grenzüberschreitend zusammengesetzte Teams zur Synchronisierung administrativer Hürden ein, organisiert Sprachkurse für Grenzpendler, führt Fortbildungsveranstaltungen und sonstige kulturelle Maßnahmen zur Überwindung der Schwierigkeiten in der grenzüberschreitenden Kooperation durch, usw.

Abbildung 48:

 

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [19]