Mit dem Begriff der Saarfrage wird ganz allgemein ein ebenso interessanter wie vielschichtiger Ausschnitt der gemeinsamen Geschichte von Deutschen und Franzosen bezeichnet. Im engeren Sinne bezieht sich der Begriff auf die immer wieder aufgeworfene Frage, ob das Gebiet an der mittleren Saar und die dort lebenden Menschen zu Frankreich oder zu Deutschland gehören. So kompromisslos wie diese Frage in der Regel formuliert wurde, so hart trafen die Antworten aufeinander. Die Saarfrage als historischer Begriff bezeichnet eine zwischen Deutschen und Franzosen fast 150 Jahre lang mit teilweise sehr unterschiedlichen Mitteln geführte Auseinandersetzung. Ähnlich wie auch der Streit um das Elsass und um Lothringen steht die Saarfrage damit für den durch Konkurrenz, oft auch durch direkte Konfrontation geprägten Teil der deutsch-französischen Beziehungen. Als nationale Auseinandersetzung ist die Saarfrage in historischer Perspektive damit auch als typisch modernes Phänomen zu verstehen: Die Saarfrage ist Konsequenz und Teil jenes historischen Prozesses, der mit der Entstehung der modernen Nationalstaaten seit Beginn des 19. Jahrhunderts die europäische Geschichte prägte. Bis weit in unsere unmittelbare Gegenwart hinein reicht die Saarfrage durch ihren Bezug zu den Mechanismen und den Möglichkeiten internationaler Krisen- und Konfliktbewältigung. Besonders das 20. Jahrhundert brachte eine Reihe von Initiativen der internationalen Politik im Saar-Konflikt, deren Struktur - und Misserfolge - bis zur endgültigen Lösung im Zuge der europäischen Integration nach 1955 interessante Einblicke in die Geschichte der internationalen Beziehungen bietet.