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'Alternative Formen der Refinanzierung'
 
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Alternative Formen der Refinanzierung

Die Werbeeinnahmen können folglich den Bedarf der Websites nur teilweise finanzieren. Wie kann man auf andere Weise Geld verdienen?

Hier geht es darum, andere Quellen zu erschließen. Der Anwender hat sich aber daran gewöhnt, dass alle Informationen praktisch gratis sind. Er ist der Meinung, dass er über die Kosten für den Internetzugang ein für allemal für sämtliche Inhalte bezahlt hat, über die er verfügt. Dieses Problem der Websites ist auch jenen bekannt, die "Gratiszeitungen" oder kostenlose Beilagen produzieren. Dass die Redaktionen nichts von den Telekom-Unternehmen (2) beziehen, interessiert die Anwender nicht. Inhalte zu produzieren kostet jedoch Geld, da die Redakteure ebenfalls - das versteht sich von selbst - etwas verdienen möchten. Und schließlich benötigten alle "Gratis"-Medien, zumindest in Europa, stets ein verlässliches Modell der Refinanzierung (vgl. den Artikel von P. Iuliano zu den TV-Supplementen in diesem Buch).

Für die Informations-Websites, die hier vor allem analysiert werden sollen, gibt es bisher fünf Wege der Refinanzierung (3):

Die Nutzung der Inhalte in einem Netzwerk (content network). Nachdem die Inhalte einmal veröffentlicht worden sind, werden sie unzählige Male in verschiedenen Formen und Publikationen wiederverwendet. Der Inhalt wird also zu einer ganz gewöhnlichen Ware. Die Medienbranche kennt dieses Prinzip gut. Allerdings sind noch einige Probleme zu lösen: 

  • Wie können Produktion und Vertrieb wirklich effizient erfolgen? Dies ist eine Frage des angewandten Systems, ein eher technisches bzw. EDV-Problem. 
  • Wie sollen die Autorenrechte verwaltet werden, wenn man bedenkt, dass das geistige Urheberrecht nicht abtretbar ist? Hier geht es um die Frage der Vervielfältigung und der damit zusammenhängenden Rechte. 
  • Wie können Inhalte reproduziert werden unter Berücksichtigung, dass einige ein hohes Wiederholungspotential besitzen (z. B. die Zusammenfassung eines Films oder ein Kochrezept), während andere Inhalte schon am folgenden Tag überholt sind (aktuelle Berichte)? 

Leider verlieren Inhalte durch eine quasi kostenlose Verbreitung (vgl. oben) an Wert, dadurch gelingt es ihren Produzenten, sogar jenen, die für die Gestaltung der Inhalte sehr große Anstrengungen unternehmen, nicht mehr, angemessene Preise zu erzielen.

Adressenverkauf
Wie häufig werden Internetsurfer dazu gebracht, ihren Namen, ihre Adresse und ihre E-mail- Anschrift anzugeben? Die aktuellen Browser besitzen sogar Funktionen, alle diese Anfragen automatisch zu beantworten. Adressen sind ebenfalls eine Ware; sie werden an andere Firmen verkauft und besitzen einen hohen Wert, da sie genaue Auskünfte über den Anwender erteilen. Da diese Praxis ebenso schnell den Anwendern bekannt wurde, ließen diese Vorsicht walten und gaben zu ihrem eigenen Schutz fehlerhafte oder falsche Informationen ein. Heute versprechen viele Websites eine rein interne Nutzung der Daten.

Abonnements/Zahlungsweisen
Das dritte Modell ist klassisch für die Presse: Der Verleger eines Inhalts verlangt für die Nutzung einer Information Geld, entweder über eine einmalige Bezahlung einer einzelnen Leistung oder über ein Abonnement für die wiederholte Inanspruchnahme der Leistung (4). Dieses Modell besitzt ebenfalls einige Nachteile:

  • Der Internetsurfer ist ausgesprochen spontan, er möchte nicht lange warten und kein zeitraubendes Verfahren durchlaufen, um seinen Kauf abzuschließen, sondern er will das gewünschte Produkt sofort zur Verfügung haben. Ein Abonnement, für das eine Bankprüfung notwendig wäre, ist daher für diesen Markt nicht geeignet. 
  • Da die Bezahlung per Kreditkarte nicht hundertprozentig sicher ist, zögern viele Anwender, ihre PIN-Nummer einzugeben. Dies ist jedoch die Hauptvariante der Online-Bezahlung, die beispielsweise von LE MONDE mit ihrem Abonnementservice für 5 EUR/Monat praktiziert wird. Diese Variante mag in Frankreich funktionieren, hat aber derzeit in Deutschland kaum Aussicht auf Erfolg, weil die Deutschen traditionell anders mit Geld umgehen. 
  • Obwohl das Thema "Mikrozahlung" immer noch aktuell ist, haben die übrigen Zahlungsweisen wie Kleline oder Cybercomm nie wirklich Erfolg gehabt, weil sie nicht international standardisiert sind. 

Die Online-Faktorierung
Die klassischen Telekommunikationsunternehmen besitzen einen erheblichen Vorteil im Vergleich zu anderen Websites: Sie haben zum Kunden eine privilegierte Beziehung, da sie ihn über seinen Telefonanschluss kennen und ihn somit identifizieren können. Der Konsum von Gütern oder Dienstleistungen kann ganz einfach über die Rechnung für den Verbrauch des Telefonanschlusses abgewickelt werden. Diese alte und wohlbekannte Variante aus den Zeiten des französischen Minitel ist jedoch für die Online-Verleger nicht vorteilhaft. Eher profitieren die Provider davon: Sie verdienen zweimal - am Abonnement der Internetsurfer und dadurch, dass sie die Einnahmen mit den Verlegern teilen. Manchmal verlangen sie von diesen sogar Zusatztarife, damit sie in ihrem Angebot herausragend positioniert werden.

Die Infomercials
Eine spezifische Art bilden jene Websites, die Information und kommerzielle Geschäfte koppeln ("Infomercials", Leitfäden für Konsumenten wie "www.leguide.com [1] " oder "www.guenstiger.de [2] "). Die dort eingestellten Artikel behandeln mehr oder weniger unabhängig ein aktuelles Thema und erteilen Konsumratschläge. In diesem Zusammenhang benutzen sie häufig journalistische Genres des Typs Aufklärung.

Abbildung 1:

Infomercial am Beispiel der Website "leguide.com"

 

 

 

 

 

Diese Websites verweisen auf andere Internetsites, vor allem Kaufseiten, klassifizieren und bewerten sie. Die Kritik erfolgt in Form eines Artikels, der mit semiotischen Klassifizierungssystemen einhergeht (vgl. Abb. 1). Auf welche Weise verdienen diese Websites ihr Geld? Sie befinden sich auf halber Strecke zwischen Information, Beratung und Werbung im eigentlichen Sinne, denn obwohl sie sich selbst als unabhängig bezeichnen, verdienen sie, indem sie Angebote, Sonderangebote oder sogar ganze Kataloge von kommerziellen Sites ausfindig machen. Sie klassifizieren diese und schlagen sie dem Internetsurfer/Konsumenten vor, der meint, die besten Angebote zu erhalten. Das ist nicht zwangsläufig so: Nur diejenigen, die einwilligen, dort als kommerzielle Site aufgeführt zu werden und ihre Sonderangebote vorzuschlagen, finden sich auch an dieser Stelle. Zur Bezahlung der Infomercials existieren zwei Varianten:

  • Bezahlung pro Klick: für jeden Klick, der den Anwender zu der kommerziellen Site führt, erhält der Infomercial einen kleinen Betrag,
  • Bezahlung pro Kauf: Diese Methode ist attraktiver. Kann der Händler seinen Umsatz mit Hilfe des Infomercial steigern, erhält dieser eine umsatzabhängige Prämie.

Dies zeigt, wie sehr sich die Printpresse und die Online-Presse angenähert haben: Die gedruckte Presse kennt die Methoden ebenfalls. Vor allem in Frauenzeitschriften sind "gekaufte" oder zumindest durch "Geschenke" beeinflusste Artikel sehr verbreitet.

Unter allen vorgestellten Refinanzierungsmodellen versprechen zurzeit nur die vernetzte Nutzung von Inhalten und das Abonnement eine sichere Zukunft für jene Websites, die Inhalte anbieten. Die anderen Methoden sind entweder nicht seriös genug oder nicht praktikabel.

__________________

Anmerkungen

(2) Telcos = les entreprises de télécommunication : France Télécom, Deutsche Telekom, Vodafone, Telefonica etc.

(3) Effectivement, les sites marchands ont d'autres moyens, mais aussi d'autres problèmes de refinancement. Souvent, leurs résultats reposent sur les principes de la distribution par correspondance.

(4) Les réflexions concernant la mise en place d'un service payant ne sont pas neuves. LE MONDE titrait le 20/4/2001 : "La presse en ligne s'apprête à faire payer ses lecteurs pour assurer sa survie" (p. 19). Quelques-unes des entreprises citées qui voulaient passer à l'abonnement payant n'existent plus ou ne le proposent plus.