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'Status und Arbeitseinsatz, Lebensbedingungen'
 
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Status und Arbeitseinsatz, Lebensbedingungen

Der Status und die Lebens- und Arbeitswirklichkeit der französischen Zivilarbeiter in Deutschland spiegeln deutlich den Konflikt zwischen den Sicherheitserwägungen, die in jedem Ausländer einen potentiellen Feind für die öffentliche Ordnung und die „Reinheit der Rasse“ sehen, und den Erfordernissen des Arbeitseinsatzes wider. Das Erbringen von qualifizierten Facharbeiterleistungen in der Rüstungsindustrie war nicht durch puren Zwang sondern eine gewisse Leistungsmotivation und Kooperationsbereitschaft zu erreichen, die eine über das Minimum hinausgehende Versorgung und soziale Achtung erforderten. Außerdem galt es, zumindest die Anwerbung nicht ganz zu unterminieren und die Vichy-Regierung nicht durch die offenen Versklavung französischer Arbeitskräfte unnütz zu brüskieren.

Mit dem Übergang zur Zwangsrequirierung musste man allerdings zunehmend weniger Rücksichten nehmen. Nach und nach wurde der Arbeitseinsatz, aber auch die Freizeit der zivilen Zwangsarbeiter reglementiert und kanalisiert, Lagerordnungen wurden erlassen, die Vertretung der französischen Arbeiter fest in die DAF eingebunden, der Gestapo weitgehende Eingriffsmöglichkeiten in Lager und Betrieb gegeben und ein auf "Delikte" von Ausländern spezialisierter Repressionsapparat entwickelt. Auch "Gastrechte" wie die Benutzung öffentlicher Badeanstalten, Verkehrsmittel und Luftschutzbunker wurden partiell zurückgenommen und die formale Gleichstellung mit den deutschen Arbeitern de facto ausgehöhlt. In den Kontakten der "freien" Westarbeiter zur deutschen Bevölkerung sahen die Sicherheitsbehörden große Gefahren für das "deutsche Volkstum" und hätten sie am liebsten unterbunden.

Verpflegungsrationen für ausländische Zivilarbeiter für die Zeit vom 24.7. bis 4.3.1945
 

 

 

   
(Quelle: Staatsarchiv Bremen 4, 23-294)

Die Tariflöhne für die französischen Zivilarbeiter entsprachen nominell den Löhnen, die auch vergleichbaren deutschen Arbeitern zustanden, wobei der Löwenanteil für feste Abzüge wie Unterbringung und Verpflegung aufgewendet werden musste. Allerdings gab es im freien Handel immer weniger zu kaufen, so dass der Besitz von Zuteilungskarten (die die Ausländer in der Regel nicht erhielten) und damit der Zugang zu rationierten Gütern für den Lebensstandard entscheidender war, als die Verfügung über Bargeld, das für abendliche Kneipenbesuche oder für Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt ausgegeben wurde. Im Gegensatz zu den Kriegsgefangenen blieb den Zivilarbeitern in der Regel nach dem Einberufungsbescheid wenig, aber ausreichend Zeit, ihre Sachen für die Reise zu packen. Sie erhielten dazu sogar ein Merkblatt mit dem Hinweis, dass sie keine Bezugskarten für Kleider und Schuhwerk in Deutschland erhalten würden und eine Liste der Dinge, die sie mitnehmen sollten. Ersatz war nur aus Päckchen von zu Hause oder auf dem Schwarzmarkt zu bekommen. Vor allem Schuhe waren auch in Deutschland Mangelware geworden. Die Versorgung der Zivilarbeiter mit Lebensmitteln in den Lagern und Betrieben war weitgehend die gleiche wie die der Kriegsgefangenen. Auch sie waren daher auf die Päckchen aus Frankreich angewiesen, die sie aber unbegrenzt erhalten durften.

Bei der Arbeitszeit gab es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen deutschen und Ausländern oder zwischen französischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern, 60 Stunden pro Woche waren nicht selten. Hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaub ergab sich folgendes Dilemma: einerseits wollte man keine Arbeiter auf Heimaturlaub entlassen, die nicht zurückkehrten, weil sie mit den Arbeitsbedingungen in Deutschland unzufrieden waren und die so die Anwerbung erschwerten. Andererseits war aber das zwangsweise und vertragswidrige Festhalten solcher Arbeiter im Reich eine mindestens ebenso negative Propaganda, die sogar auf den Überbringer verzichten konnte. Die zwangsweise Verlängerung der Arbeitsverträge im Herbst 1942 ließ dann logischerweise den Anteil der Nichtrückkehrer an den wenigen Urlaubern so stark ansteigen, von 42,3% im Mai 1942 auf 84% im Sommer 1943, dass man nach einigem Hin und Her in der Praxis dann doch zu generellen Urlaubssperren griff, und niemand mehr das Land verlassen durfte.

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