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Einleitung

Grenzgänger und Reisende zwischen Deutschland und Frankreich, die aus eigener Erfahrung die Bedingungen des individuellen Verkehrens zwischen beiden Ländern in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg kannten, weisen immer wieder darauf hin, wie einfach dies vor 1914 und wie kompliziert dies nach 1918 war. In der Tat stellten sich dem gesellschaftlichen , kulturellen oder wirtschaftlichen Antrieb von Privatpersonen, Kontakte im anderen Land herzustellen, vor dem Ersten Weltkrieg vergleichsweise wenig administrative und psychologische Hindernisse in den Weg, während diese im Laufe des 20. Jh. in den Zwischenkriegs- und ersten Nachkriegsjahrzehnten eindeutig zunahmen. Man kann deshalb von einem vorherrschenden Typus der spontanen (individuellen) zivilgesellschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich vor dem Ersten Weltkrieg und von einem dominanten Grundmuster der geplanten (organisierten) bilateralen Kooperation auf der Ebene der Zivilgesellschaft im 20. Jh. ausgehen.

Abbildung 1:

Die Deutsch-Französischen Beziehungen waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem durch den Konflikt um die Vorrangstellung in Europa geprägt.

 

 

 

 

Internet-Quelle

Diese Feststellung schließt die Existenz von Ansätzen organisierter Interaktion vor 1914 und das Fortbestehen spontaner Kontaktpflege von Privatpersonen nach 1918 nicht aus. Die Ursachen für diesen deutlichen strukturellen Wandel der zivilgesellschaftlichen Beziehungen vom 19. zum 20. Jh. sind in einem Bündel von Faktoren zu suchen: In der tendenziellen Ausweitung der Staatstätigkeit in beiden Ländern, in der Entwicklung der nachrichten- und verkehrstechnischen Voraussetzungen, in der Veränderung der gesellschaftlichen Träger transnationaler Beziehungen (vom Bürgertum zu einer Pluralität von sozialen Gruppen) und in den ideologischen Auswirkungen des integralen Nationalismus in Frankreich bzw. des völkischen Nationalismus in Deutschland vor und nach dem Ersten Weltkrieg.

Die wissenschaftliche Befassung mit den zivilgesellschaftlichen Beziehungen im allgemeinen sowie mit der Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich im Bereich unterhalb des staatlichen Handelns im besonderen ist neueren Datums, hat jedoch in den 80er und 90er Jahren des 20. Jh. in beiden Ländern im Rahmen sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschung schnelle Fortschritte gemacht. Sie hat in der französischen Hochschul-Germanistik stärker noch als in der deutschen Romanistik inzwischen droit de cité erworben.

Wissenschaftsgeschichtlich gesehen konvergieren mehrere Entwicklungen in diesem neuen Arbeitsfeld der Frankreichforschung. Nach dem Ende der unbefragten Verbindlichkeit geistes- und ideengeschichtlicher Leitkategorien in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Nachbarland erfolgte in der französischen Germanistik und (zögerlich) auch in der deutschen Romanistik die Öffnung zu Fragestellungen der Sozial- und Kulturwissenschaften (Art. 52).

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