French
German
 
Seite zur Sammlung hinzufügen
'"Deutschland ist (k)ein Einwanderungsland"?'
 
1 Seite(n) in der Sammlung
 
 
 
 
 

"Deutschland ist (k)ein Einwanderungsland"?

Deutschland Einwanderungsland?






Quelle: www.proasyl.de/texte/paris.htm

Bis in die 80er Jahre gab es kein politisches Konzept zur Einwanderung und Integration der Ausländer. Es galten die Grundpositionen, die 1977 von der Bund-Länder-Kommission [1] formuliert worden waren. Diese Position vertrat auch Bundeskanzler Helmut Kohl 1982 in seiner Regierungserklärung, wobei er folgende Eckpunkte der Ausländerpolitik nannte:

  • Integration der rechtmäßig bei uns lebenden Ausländer, insbesondere der angeworbenen ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien
  • Begrenzung des weiteren Zuzugs aus Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft
  • Gewährung von Hilfen bei der freiwilligen Rückkehr und der Reintegration in den Heimatländern.

Die CDU als größte Partei der Regierungskoalition verwies außerdem auf die notwendige Bekämpfung des Missbrauchs des Asylrechts und die begrenzte Aufnahmefähigkeit der Gesellschaft. Sie forderte zudem, die Einbürgerung von Ausländern an die Bedingung zu knüpfen, dass sie sich zu dem politischen und kulturellen Wertesystem in unserer Gesellschaft bekennen. Die Oppositionsparteien SPD und Grüne hingegen bejahten den Status von Deutschland als Einwanderungsland und sympathisierten zumindest zum Teil mit dem Konzept einer multikulturellen Gesellschaft [2] . Zugleich forderten sie wirkungsvolle Maßnahmen zur Integration und Gleichstellung der Ausländer, z.B. Erleichterungen bei der Einbürgerung.

Das auf das Jahr 1965 zurück gehende Ausländergesetz hatte die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern ganz von den Erwägungen und Interessen der Bundesrepublik abhängig gemacht. Auch in der seit 1991 gültigen Neufassung verbesserte das Gesetz den Rechtsstatus der Ausländer kaum. Es dient weiterhin dazu, den Zuzug von Ausländern, die nicht EU-Bürger sind, zu begrenzen, andererseits gibt es neue Regeln für die Genehmigung des Aufenthalts der Ausländer [3] , die sich legal in Deutschland aufhalten und hier bleiben wollen.

Zu den restriktiven Maßnahmen zur Begrenzung der Zuwanderungen gehören auch die Schengener Abkommen [4] von 1985 und 1990, die eine enge Zusammenarbeit zur Kontrolle der Zuwanderung in den EU-Ländern vorsehen.

Haus der offenen Türen
Karikatur von Nik Ebert zum Inkrafttreten des Schengener Abkommens, das den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den Binnengrenzen der EU, zugleich aber die Verschärfung der Kontrollen an den EU-Außengrenzen festlegt.



Quelle: www.dhm.de/lemo/objekte/pict/WegeInDieGegenwart_karikaturSchengen/index.html

Einen wichtigen Fortschritt zugunsten einer Integration von Ausländern brachte das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts [5] , das am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist. Das neue Recht erleichtert die Einbürgerung von Ausländern, die sich auf Dauer in Deutschland niedergelassen und hier ihren Lebensmittelpunkt haben. Vor allem Aussiedler, vielfach auch die ausländischen Ehepartner von Deutschen erwerben durch die Anspruchseinbürgerung [6] ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Ausländer, die sich bereits seit acht Jahren in Deutschland aufhalten, können auf Antrag von einer Ermessenseinbürgerung [7] profitieren. Dabei haben die Behörden einen Entscheidungsspielraum, wobei die freiwillige und dauernde Hinwendung zu Deutschland, Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, eine gesicherte Existenzgrundlage und ein unbescholtener Lebenswandel von Bedeutung sind.

Einbürgerungen in Deutschland 1994 bis 2000






Quelle: www.isoplan.de/aid/2001-3/statistik.htm

Das neue Gesetz brachte noch eine weitere wichtige Neuerung für in Deutschland geborene Kinder: Das traditionelle Abstammungsprinzip [8] (ius sanguinis [9] ) wurde ergänzt durch Elemente des Erwerbs der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland (ius soli [10] ). Nun erwerben in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern mit der Geburt auch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Diese Kinder müssen sich im Alter von 18 bis 23 Jahren zwischen der deutschen Nationalität und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Generell hat das neue Staatsangehörigkeitsrecht versucht, die Zugehörigkeit zu zwei Nationalitäten einzuschränken.

Es bleibt somit festzuhalten, dass die Einbürgerungsquote in Deutschland lange Zeit sehr niedrig war. Insgesamt gab es in den Jahren 1972-1995 nur 1,8 Mio. Einbürgerungen. Das neue Gesetz wird diese Quote zwar erhöhen, dennoch wird die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Ausländer vermutlich nicht bereit sein, die eigene Nationalität zugunsten der deutschen Staatsangehörigkeit aufzugeben.

Zur Debatte über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland s. auch: Gernier, Rozenn (2002): "Etre allemand aujourd'hui: le débat sur la réforme du droit de la nationalité en Allemagne". Mémoire de fin d'études, Institut d'Etudes Politiques de Rennes.